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Co-Creation Bereiche

Zur Wertschöpfung werden Ressourcen per se als unzureichend erachtet. Weitere Fähigkeiten sind erforderlich, um die Bereitstellung, den Austausch und die Kombination der Ressourcen zu ermöglichen.[1] Gummerus unterscheidet die Wertekette von Porter als anbieterseitige Leistungserstellung (firm value-creation) und hebt die Bedeutung der gemeinschaftlichen Leistungserstellung (value co-creation) als interagierende Schnittstelle des Anbieterunternehmens zu seiner Umwelt hervor. Diese ist mit den kundenseitigen Leistungen (customer value creation) als selbstbestimmende Co-Creation-Aktivitäten aus dem persönlichen Umfeld des Kunden zu verbinden.[2] Die einhergehende Verkopplung ist auch im Hinblick auf den Wissenstransfer in relevante Wissensbestandteile von Bedeutung.[3]

 

In einem ähnlichen Zusammenhang greifen zahlreiche Autoren wie Bruhn und Hadwich sowie Eggert und Fließ in Anlehnung an Grönroos und Voima auf Sphären der Wertgenerierung zurück. In der Anbietersphäre werden demnach die Ressourcen für die Dienstleistung bereitgestellt und damit ein potenzieller Nutzwert geschaffen (Value-in-Use). Das Unternehmen tritt als Value Facilitator auf, da es die Wertentfaltung aufseiten des Kunden ermöglicht. Die Joint Sphäre fungiert als Gemeinschaftssphäre der Interaktion zwischen Anbieter und Kunden. Anbieter und auch Kunden wirken hierbei als Co-Creatoren des Leistungswerts. Der vom Anbieter autonom erzeugte Wert des Kunden wird in der Kundensphäre vollzogen.[4]

 

 

    Abbildung: Value-Creation-Sphären

    (Anlehnung an Eggert und Fließ, 2015 und  Grönroos und Voima 2013)

 

In Bezug auf die Kunden- und Gemeinschaftssphäre werden im Sinne der vorliegenden Arbeit sämtliche Aktivitäten als Co-Creation-Aktivitäten eingeordnet. Unter dem Co-Creation-Ansatz werden die Kontingenztheorie[6] sowie die System- und Netzwerktheorie[7] und die neue Institutionenökonomie[8] als grundlegende Theorien angesehen. Unter dem organisationsbasierten Erklärungsansatz wird der Aspekt der begrenzten Ressourcen im Zusammenhang mit der Integration des externen Faktors angesprochen. Hierzu liefern ressourcenbasierte Ansätze grundlegende Erklärungen[9] und sie lassen sich hinsichtlich der Co-Creation im Rahmen der S-D-Logik begründen.[10]

 

Marktbeziehungen sollten generell als Actor-to-Actor-Beziehungen aufgefasst werden, die sich in „Value Networks”[11] entwickeln. In Value Networks agieren die Akteure als gleichrangige Partner, die diverse Rollen in Form von Ressourcenintegratoren und/oder Ressourcenbegünstigter innehaben.[12] Die Integration wird nicht als unidirektionaler Prozess, sondern als ein multidirektionaler Prozess ausgeführt.[13] Die Folge einer multidirektionalen Interaktionsbetrachtung führt dazu, dass Informationsasymmetrien, Machtverhältnisse oder Prozess­kon­trollen unter den Parteien ausgewogen gestaltet werden kann. Im Gegensatz zum klassischen Marketing, welches vom Austausch-Paradigma gekennzeichnet ist, führt das „Interaktionsparadigma der Co-Creation“ zu einer Änderung in der Marketinglogik.[14] Die folgende Übersicht stellt Aspekte zusammenfassend gegenüber.[15]

 

Austauschparadigma versus Interaktionsparadigma der Co-Creation

 

     

     Tabelle: Austauschparadigma versus Interaktionsparadigma der Co-Creation

     (Weiber und Ferreira, 2015)

 

Das Interaktionsparadigma der Co-Creation ist auch mit einem besonderen Werteverständnis behaftet, das sich stets auf die Wertebildung durch den Kunden bezieht. Der für eine Leistung ermittelte Preis (Tauschwert) kann daher immer nur ein Surrogat für den realen Wert sein, den ein Kunde bei der Nutzung einer Leistung ansetzt (Value-in-Use). Darüber hinaus wird die Preisgestaltung des Anbieters weitgehend durch die Kosten einer Dienstleistung bestimmt und ist damit auch ein finanzielles Äquivalent für die Ressourcen, die von Unternehmen eingesetzt werden. Der finanzielle Ressourcenaufwand (zuzüglich eines Gewinns) ist aus Kundensicht nicht mit dem Wert einer Dienstleistung gleichzusetzen. Obwohl die Kundenorientierung bei der Erstellung einer Dienstleistung die Ausrichtung auf den kundenbasierten Nutzen fordert, erscheint die Wertbeimessung zwischen Anbieter und Kunden zu stark abzuweichen.[17]

 

Die Rolle der Unternehmen in Co-Creation-of-Value-Prozessen liegt nicht nur darin, gemeinsam mit dem Kunden wertschöpfende Leistungen zu erbringen, sondern auch den tatsächlichen Wert für Kunden zu generieren. Da sich aber der eigentliche Wert bei Kunden erst in der Nutzung der angebotenen Leistungen entfaltet, ist es notwendig, dass die Anbieter ein möglichst tiefes Verständnis für die Bedürfnisse des Kunden gewinnen.[18] Hierzu eignet sich die Konzeption einer Co-Creation-Wertekette, um die Wertschöpfungsbeiträge zwischen Anbieter und Nachfrager darzustellen.[19] Weiber und Ferreira illustrieren dies zunächst in einer Wertekette (siehe Abbildung 9) des Konsumenten, die auf Wertaktivitäten (Suche, Bewertung, Ressourcentausch, Ressourcenkombination, Nutzung) sowie Ressourcen (physische, materielle, kulturelle, Rollen, Kompetenzen) Bezug nimmt.[20] Die Gesamtsumme der wahrgenommenen Handlungen macht den Beitrag hinsichtlich des Erfahrungswerts (Value-in-Use) aus.[21] Die Wertschöpfungskette des Konsumenten ist nach dem Durchlaufprinzip eines Konsumprozesses angelegt. Für die Durchführung der einzelnen Wertschöpfungsaktivitäten bedarf es jeweils bestimmter Ressourcen, die dieser entweder bereits besitzt oder von außen erwirbt. Jede Wertaktivität hat einen bestimmten Wert. Erst aus dem Ineinandergreifen sämtlicher Aktivitäten und dem konkreten Einsatz der Ressourcen ergibt sich der Gesamtwert für den Kunden.[22] 

 

  Abbildung: Wertekette Konsumenten (Leite Ferreira, 2017; Weiber und Ferreira, 2014)

 

Der Gesamtwert wird maßgeblich durch das Ergebnis aus der Kombination der Ressourcen im Nutzungsprozess bestimmt. Zur Veranschaulichung der verschiedenen Fälle der Ressourcenkombinationen im Nutzungsprozess wird das Verfahren durch den Ressourcentausch und die Ressourcenkombination dargestellt.[24] Unter der ganzheitlichen Betrachtung der Wertkette im Sinne der Ressourcenintegration sind neben der Kundenintegration auch die Anbieterwertkette, die Anbieterintegration in die Konsumentenwertkette einzubeziehen. Die Wert­­­­­ent­faltung für Kunden kann sowohl auf einer einseitigen, wie auch auf einer wechselseitigen Integration der Marktteilnehmer beruhen. Sie kann sowohl in der Anbieter- oder in der Konsumentensphäre stattfinden.[25]

 

 

    Abbildung 10: Ressourcenkombination aus Anbieter- und Kundenintegration

   (Weiber und Ferreira, 2015)

 

Die einseitige Ressourcenkombination entspricht im klassischen Sinne den absatzorientierten Dienstleistungen (Unternehmensressourcen) für Kunden, die in weiterer Folge selbstständig in der eigenen Sphäre benutzt werden und damit eine Wertentfaltung für Kunden erzielen. In diesem Fall repräsentieren die angebotenen Leistungen ein Werteversprechen für Kunden (Value Proposition). Die bezogenen Leistungen bilden die Grundlage der Wertbeimessung für die Kunden. Der Wertschöpfungsprozess des Anbieters ist in dieser Phase der Transaktion abgeschlossen. Der Anbieter ist nicht am Nutzungsprozess des Abnehmers beteiligt, sondern nur indirekt integriert.[27] Eine wechselseitige Kombination externer und interner Ressourcen ist sowohl im Rahmen der Kunden- als auch der Anbieterintegration der Fall. Bei der Kundenintegration findet diese klassischerweise in der Anbietersphäre statt. Die Kunden bilden den externen Faktor aus Sicht des Unternehmens. Bei der Anbieterintegration findet die Kombination von Ressourcen in der Sphäre des Abnehmers statt. Die Anbieter stellen den externen Faktor aus Sicht des Kunden dar.[28]

 

In einer weiteren Abbildung stellen Weiber und Ferreira einen Prozess vor, der die Ressourcenkombination ersichtlich macht. Diese beinhaltet im Sinne der Property-Rights-Theorie Verfügungsrechte, deren Ausgestaltung und Struktur für die Kundenbeteiligung als maßgeblich gelten. Dabei wird auf die wertschöpfende Mitwirkung des Kunden von anbieterseitigen Leistungen hingewiesen. Die Konstellation zeigt eine Übertragung und Kombination der Ressourcen zwischen Anbietern und Nachfragern auf. Das maximale Ergebnis ist die bestmögliche Verknüpfung beider Beteiligten im Integrationsprozess.[29]

 

 

   Abbildung: Co-Creation-Wertschöpfungskette

   (Weiber und Ferreira, 2014)

 

Den Wert einer Leistung nicht an den Eigenschaften ihrer Objekte auszumachen, sondern erst die Nutzung und ihre tangierenden Ressourcen erlangt eine neue Perspektive gegenüber einer klassischen, anbieterseitig agierenden Faktorkombination.[31]

 

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